Musik mit PC und Mac

Ich weiß ja nicht, wie viele unter euch Musik machen, und wie viele davon den PC dazu verwenden. Für die unter euch, die schon länger mit dem Rechner Musik machen, dürfte der Artikel eher langweilig sein. Aber vielleicht hat der eine oder andere von euch ja Tipps, daher würde ich mich freuen, wenn ihr weiterlest. Ich mache gelegentlich Musik, und dafür habe ich früher fast ausschließlich den PC genutzt. Länger habe ich jetzt nichts mehr gemacht, aber so langsam überlege ich, wieder damit anzufangen. Und wenn wir schon mal dabei sind, dann natürlich auch gleich mit dem Mac.

Musik mit dem Rechner zu machen, oder den Rechner als Unterstützung dafür zu nehmen, bedeutet natürlich, dass man sich mit der einen oder anderen Sache tiefergehend beschäftigen muss. Ich habe diesbezüglich ja schon so meine Erfahrungen gemacht. Damit also klar wird, woher ich komme und wo hin ich will, werde ich etwas ausführlicher darauf eingehen.

Wo komme ich her?

Alles begann, als die PCs lernten, mehr als nur tüdeldü zu machen. Oh je, Opa erzählt vom Krieg... 🙂 Ja, mein erster PC hatte keine Soundkarte. Die waren damals, wenn überhaupt vorhanden, purer Luxus. Aber auch diese wurden billiger und auch mein PC bekam eine. 🙂 Und obwohl die Musik darüber noch wirklich künstlich klang, eröffneten sich ganz neue Möglichkeiten. Anfänglich habe ich nur bei anderen zugeschaut, aber letztlich habe ich auch damit angefangen, Musik zu machen.

Ich hatte unter DOS den Voyetra SPPRO, einen reinen MIDI-Sequencer. Allerdings hatte ich kein Keyboard und eben nur die sehr künstlich klingende Soundblaster. Also, wie damit jetzt Musik machen? Ganz einfach, zu Fuß! Spur anlegen, in den Editor gehen und die Noten alle per Hand setzen! 🙂

Nur, um mal eine Vorstellung davon zu bekommen: Das Editorfenster war recht übersichtlich. Senkrecht die Noten und wagerecht der Takt. Das ging sogar mit Braillezeile, weil die Taktmarkierungen auf der Zeile zu sehen waren, auch die Note war zu sehen. Nun platziert man die Note also senkrecht auf eine Linie, beispielsweise einem C, und auf die erste Viertelmarkierung in der wagerechten. Hier konnte man dann bequem die Velocity, also die Anschlagsstärke, Pitch, also Verschiebung in der Senkrechten, Takt, also Verschiebung in der Wagerechten, Länge und dergleichen editieren. Mit den Pfeiltasten konnte man im Fenster navigieren und mit Tab von Note zu Note springen. Auch MIDI-Events, wie Program, Controler und dergleichen konnte man so setzen. Auf diese Weise konnte es schon mal 6 Wochen dauern, bis man ein Stück von 3 Minuten Länge gesetzt hatte. 🙂 Aber es hat Spaß gemacht!

Und obwohl es mir nicht gelungen ist, einen Nr. 1 Hit zu landen oder einen Evergreen zu komponieren, habe ich eine Unmenge über MIDI und dessen Ansteuerungen gelernt. Das hat mir später viel erleichtert, auch bei der Fehlersuche.

Später wurden die Soundkarten immer besser und die Rechner immer Leistungsfähiger. Am Ende hatte ich eine Soundblaster AWE32 mit einem Yamaha XG50 Daughterboard. Damit ließ sich richtig gut Musik machen, da ich da auch schon ein Masterkeyboard zur Eingabe hatte. Aber ich habe immer noch mit dem Voyetra gearbeitet, damals schon unter Windows 98 und im DOS-Fenster. Aber das alte Teil lief noch! So wurden zwar meine Ergebnisse schneller fertig, aber besser wurden sie dadurch auch nicht... 🙂 Aber machte trotzdem immer noch Spaß! 🙂

Nun sind wir bei Windows 7 und Mac angekommen, und ich habe in der Zwischenzeit bestimmt schon 5 oder 6 Jahre nichts mehr mit Musik gemacht. Der Voyetra läuft längst nicht mehr, sehr zu meinem Missfallen, und die anderen Programme, wie Cakewalk Pro Audio 9.0 oder dergleichen erlauben längst nicht mehr, als Blinder so gut damit zu arbeiten. In einem Editor regelrecht eine Note auf diese alte Art zu setzen, habe ich jedenfalls nicht mehr hinbekommen.

Wo will ich hin?

Ich würde mich jetzt nicht gerade als guten Keyboard-Spieler beschreiben. Hochmotivierter Amateur träfe es da wohl besser. Kurz gesagt, ich war nie ein Live-Spieler, das wollte ich auch nie werden. Ich habe öfter mal Melodien im Kopf, kurze Passagen, kleine Fragmente, die ich dann versuche, mit einem Keyboard abzubilden oder auszubauen. Manchmal klingt das Ergebnis sogar nach was. Aber eben nur manchmal. 🙂

Wenn ich also heute mit dem Rechner, ob nun Mac oder Windows-Rechner, Musik machen wollte, bräuchte ich also einen bedienbaren MIDI-Sequencer. Aber wir sind lange aus der Zeit raus, wo ein Musikprogramm ein reiner MIDI-Sequencer war. Damals konnte man das mit der Qualität der Soundkarten und der Leistungsfähigkeit der Rechner erklären, aber heute ist das alles hinfällig. Die Soundkarten haben, wenn man mehr als 50 Euro ausgibt, durchaus fast Studioqualität, und die Leistungsfähigkeit der heutigen Rechner reicht locker aus. Daher sind es heute keine reinen MIDI-Sequencer mehr, sondern sogenannte DAWs, Digital Audio Workstations. Und das ist wirklich wörtlich zu nehmen. Denn neben den MIDI-Spuren wird hier auch normales Audio, wie Gesang, Gitarre, oder dergleichen mit aufgezeichnet. Vielfältigste Möglichkeiten des Mixings, der Bearbeitung und der Effekte stehen hier zur Verfügung.

Was aber davon ist für uns als Blinde und Sehbehinderte noch machbar? Nun, einiges geht noch. So habe ich Podcasts gehört, wo Blinde mit den Pro Tools für Mac komplexe Musikstücke abmischen und Background Vocals einsingen. Ich weiß auch von einigen, die unter Windows mit Sonar arbeiten, oder gearbeitet haben. So ganz unmöglich ist das also nicht.

Nun brauche ich also zweierlei: Eine DAW, und wenn's geht, ein brauchbares Keyboard. Es soll ja schließlich nach was klingen, was ich da so in meinem stillen Kämmerlein verbreche. 🙂 Nun, für's Erste kümmere ich mich mal um die DAW, weil ein Master-Keyboard und ein altes Yamaha DJ-X habe ich hier noch rumstehen. Klingt nicht wirklich toll, aber für ein paar Experimente reicht das völlig. In Zukunft allerdings muss etwas brauchbares her. Was genau, werde ich dann noch sehen. Aber mir haben die Fähigkeiten und der Klang Des Tyros 4 schon ziemlich gefallen. Mal sehen, ob ich wirklich dieses Monster von Keyboard kaufe, oder doch eher ein paar Nummern kleiner... 🙂

Da ich ja immer noch im Prozess bin, mehr und mehr Dinge auf den Mac umzusiedeln, kann ich mit dem Musikkram auch gleich hier anfangen. Zunächst ist es erst mal nötig, die Anschlussmöglichkeiten eines Keyboards zu schaffen. Also, ein MIDI-Interface muss her. Da habe ich mir eines von Logilink gekauft, ein USB to MIDI Adapter. Brauchte keine Treiberinstallation und war sofort einsatzfähig. An dem USB-Kabel ist ein klein bissel Elektronik, welche die Umsetzung macht, und am anderen Ende die 5-poligen Din-Stecker für MIDI-IN und Out. Diese stöpselt man ins Keyboard, und kann loslegen. Nun, noch nicht ganz. Es fehlt noch die Software.

Wie geht es jetzt weiter?

Nun, da die Hardware erst mal steht, muss ich mich um Software kümmern. Wie gesagt, brauche eine DAW, die sich auch mit VoiceOver gut bedienen lässt. Und hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen gäbe es die Pro Tools von AVID. Aber die kommen für mich erst mal nicht in Betracht. Erstens, weil die $699 kosten, und weil man allein schon für die kostenlose Testversion so einen Dongle braucht und einen Account, um die kostenlose Version zu registrieren. Viel zu umständlich und teuer für einen hochmotivierten Amateur. Ich weiß zwar, dass die Software auch blind gut bedient werden kann, aber so ein teures Risiko gehe ich da lieber nicht ein.

Aber es gibt da noch Reaper, welche gleich für 30 Tage kostenlos ist, und das ganz ohne die Umstände wie bei Pro Tools. Und selbst dann kostet es nur $60, was sich auch als Amateur nicht teuer anhört. Und meine bisherigen Experimente damit sind ganz brauchbar.

Fazit

Ich werde lange Handbuch lesen müssen, bis ich verstanden habe, was mit Reaper überhaupt alles geht, und was nicht. Allein das Inhaltsverzeichnis des Handbuchs ist beeindruckend. Wenn auch nur ein Bruchteil davon mit VoiceOver machbar ist, wäre das echt ein Sprung nach vorn. Zwar ist es mir auf Anhieb gelungen, 3 MIDI-Tracks aufzunehmen und ein paar Bearbeitungsschritte darauf zu machen, aber ein regelrechter Editor, wie ich ihn von Voyetra her kenne, ist wohl nicht für uns bedienbar. Natürlich gibt es einen MIDI-Editor, aber in diesem ist es mir noch nicht gelungen, Noten direkt anzuwählen oder deren Eigenschaften zu verändern. Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich also sagen, viele kurze Tracks mit jeweils kurzen Takes aufnehmen, so dass man immer nur kleine Teile neu einspielen muss, wenn mal was nicht geklappt hat. Die Oberfläche von Reaper ist zwar in Englisch, jedoch sind die Buttons, Regler und andere Elemente recht gut beschriftet. Also allein von der Oberfläche her ist es mit VoiceOver sehr gut bedienbar. Und auch bezüglich der Tastatur geht viel, vieles hat Hotkeys, einiges kann sogar selbst definiert werden, wenn ich das richtig gesehen habe.

Kurz gesagt, im Bezug auf MIDI- und Audio-Recording muss ich quasi wirklich von 0 anfangen. Daher könnte ich im Bezug auf Reaper nicht mal sagen, was jetzt mit VoiceOver alles wirklich geht, und was nicht. Das wird sich nach und nach zeigen. Jedenfalls finde ich nicht, dass die $60 hier falsch investiert wären. Sollte mir dieses Programm irgendwann mal nicht mehr reichen, kann ich ja immer noch über die Pro Tools nachdenken, oder gucken, was es noch so für Programme für den Mac gibt.

Sollte also Interesse bestehen, und sollte ich weitere interessante Dinge über Musik-Recording herausfinden, werde ich hier im Blog weiter berichten. Und vielleicht, wenn ich den Kram mal etwas im Griff habe, wird ja auch mal ein Podcast draus. 🙂

Von Kamil Günay

Ich betreibe TuKSuB schon seit 2010. Ich interessiere mich für Computer, Kommunikation, Technik, Astronomie und vieles mehr.